Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 05/2021

8 Foto: TMWWDG tion mit sehr vielen Maschinen, autono- mes Fahren oder bildgebende Verfahren in Medizin und Industrie möglich. Das heißt: 5G eröffnet wirtschaftliche Chan- cen, die wir den ländlichen Regionen nicht von vornherein versagen sollten. Priorität hat jedoch zunächst die flä- chendeckende Abdeckung mit 4G. Die- ser flächendeckende Roll-out ist in den Versorgungspflichten der Lizenzbetrei- ber erfreulicherweise auch festgeschrie- ben: 99 Prozent aller Haushalte in je- dem Bundesland müssen bis Ende 2021 mit 4G versorgt werden. Sie haben als Wissenschaftsminister auch den Bereich der industrienahen Forschung zu verantworten. Ihr Ministe- rium hat dazu in jüngster Zeit einiges auf den Weg gebracht. Welcher Gedanke steckt dahinter und wie schätzen Sie so- wohl die Lage als auch die Perspektiven ein? Die industrienahe Forschung ist die Basis für Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Unternehmen – und damit letztlich auch für Wohlstand, Einkommen und Arbeitsplätze. Wir ha- ben in Thüringen ja keine Bodenschät- ze, wir verkaufen gute Produkte und in- novative Technologien. Die Frage ist also immer, wie wir möglichst schnell von der Idee zum neuen Produkt oder Verfahren kommen. Deshalb fördern wir nicht nur die Entwicklung von Ideen, sondern auch den Transfer in die Wirtschaft – etwa durch unsere wirtschaftsnahen Forschungsein- richtungen, durch Verbundprojekte von Forschungs- einrichtungen und Unternehmen, durch den Aufbau von Innovationszentren, durch die Unterstützung bei der Sicherung von Patentrechten. Insgesamt stellen wir allein dafür jedes Jahr mehr als 40 Millionen Euro aus EU- und Landesmitteln bereit – bis 2027, dem Ende der laufenden Förderperiode, fast 300 Millionen Euro. Kommen wir auf die Qualitäten des Standortes Thü- ringen zu sprechen. Bei der Suche nach Fachkräften geht es immer um den Dreiklang aus „arbeiten, woh- nen und leben“. Wie stellt sich für Sie die Situation dar und woran muss noch gearbeitet werden? Thüringen bietet eine hohe Lebensqualität, aber auch gute Job- und Karrierechancen. Woran wir arbeiten müssen, ist zweierlei: Erstens, deutlich zu machen, dass tatsächlich auch kleinere und mittlere Unternehmen, die unsere Wirtschaftsstruktur nun einmal dominieren, sehr gute berufliche Perspektiven bieten. Viele von de- nen sind „hidden champions“, also markt- oder techno- logieführend in ihrem Bereich, aber leider oftmals weitgehend unbekannt. Deshalb stehen sie beim Personalrecruiting oft im Schatten großer Arbeitgeber wie Siemens, BMW oder Bosch. Und zweitens: Das Lohn- und Gehaltsniveau. Da müs- sen wir weiter aufholen, auch wenn uns das in den letzten Jahren schon ganz gut gelungen ist. Es ist ein- fach schwierig, Leute hierherzuholen, wenn Thüringen bei den Verdienstmöglichkeiten eher am Ende der Bundesländerskala rangiert – auch wenn die Lebenshaltungskosten in Er- furt niedriger sind als in München, so dass man sich unterm Strich bei uns am Ende vielleicht gar nicht so viel schlechter stellt. Da schließe ich gern an. Jüngste statis- tische Erhebungen besagen, dass der Freistaat Thüringen bei den Durch- schnittseinkommen immer noch hinter dem Bundesschnitt hinterherhinkt. Ihr Plan – respektive der Plan Ihrer Partei – war ein anderer. Wie bewerten Sie das? Wie schon gesagt: Thüringen gehört zu den Standorten, die in den letzten zehn, 15 Jahren bei den Löhnen mit am stärksten aufgeholt haben. Aber das hat noch nicht gereicht, um uns im Ge- samtranking deutlich nach vorn zu ka- tapultieren. Es bleibt deshalb viel zu tun – wobei die Politik mitunter auch nur begrenzten Einfluss hat. Mit unserem Vergabegesetz haben wir dafür gesorgt, dass staatliche Aufträge an Tariflöhne gekoppelt werden. Die Tarifbindung ist aber nach wie vor zu niedrig, erst vor wenigen Tagen hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ge- zeigt, dass tariflose Betriebe im Schnitt rund elf Prozent niedrigere Löhne zah- len. Es bleibt also viel zu tun. Bei Breckle wurden in der Pandemie im großen Stil OP-Masken produziert.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDE3NTI=